„Wenn Stress krank macht: So reagiert dein Körper – und das kannst du tun.
- bms-physiotherapie
- 7. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Stress – jeder kennt ihn, doch nicht jeder weiß, was dabei im Körper eigentlich passiert. In der Physiotherapie-Praxis begegnen wir täglich Menschen, deren körperliche Beschwerden eng mit innerem Druck und Anspannung zusammenhängen. Doch Stress ist nicht gleich Stress – es gibt guten und schlechten Stress. In diesem Beitrag erfährst du, wie sich Stress auf den Körper auswirkt, welche Rolle das vegetative Nervensystem spielt – und warum Entspannung genauso wichtig ist wie Aktivität.
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Guter Stress: Eustress – der Antriebsmotor
Guter Stress, auch Eustress genannt, bringt uns in Schwung. Er entsteht zum Beispiel:
-vor einem wichtigen Vortrag,
-bei sportlichen Herausforderungen
-oder wenn wir motiviert an einem Ziel arbeiten.
Eustress aktiviert unseren Körper, macht uns wach, leistungsfähig und fokussiert. Diese Form von Stress ist kurzfristig, positiv und geht mit einem guten Gefühl einher – wir fühlen uns lebendig und „im Flow“.
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Schlechter Stress: Distress – der Krankmacher
Distress ist das Gegenteil: negativer Stress, der belastet, erschöpft und krank macht. Er entsteht oft durch:
-Überforderung im Beruf oder Alltag,
-Dauerbelastungen ohne Erholung,
-emotionale Konflikte oder Sorgen.
Anders als Eustress hält Distress oft über längere Zeit an. Das ist problematisch – denn der Körper bleibt dabei ständig in Alarmbereitschaft.
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Was passiert im Körper bei Stress?
Hier kommt das vegetative Nervensystem ins Spiel – es steuert automatisch alle lebenswichtigen Funktionen wie Atmung, Herzschlag und Verdauung. Es besteht aus zwei Gegenspielern:
1. Sympathikus – der Antreiber
-Wird bei Stress aktiviert (Kampf- oder Fluchtmodus)
-Herzfrequenz steigt, Muskeln spannen sich an, Atmung wird flach
-Verdauung wird gedrosselt
-Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet
2. Parasympathikus – der Entspanner
-Sorgt für Erholung, Regeneration, gesunden Schlaf und Verdauung
-Bremst den Puls, lockert die Muskeln
-Unterstützt Selbstheilungsprozesse im Körper
Im gesunden Zustand wechseln sich Sympathikus und Parasympathikus ab – Aktivität und Entspannung sind im Gleichgewicht. Bei Dauerstress bleibt der Sympathikus jedoch ständig aktiv – und genau das wird zum Problem.
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Folgen von chronischem Stress
Wenn der Körper dauerhaft im Stressmodus bleibt, kann das zu vielfältigen Beschwerden führen:
-Verspannungen im Nacken, Rücken oder Kiefer
-Schlafstörungen und Erschöpfung
-Herz-Kreislauf-Beschwerden
-Magen-Darm-Probleme
-Schwächung des Immunsystems
Viele Patienten kommen mit körperlichen Symptomen, deren Ursprung tiefer liegt – im Nervensystem, in der Psyche, im Lebensstil.
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Wie du dem schlechten Stress aktiv entgegenwirken kannst
Chronischer Stress entsteht oft schleichend – doch du kannst aktiv gegensteuern. Ziel ist es, das Nervensystem aus dem „Dauer-Alarmzustand“ zu holen und gezielt den Parasympathikus (v.a. über den Vagusnerv) zu aktivieren. Hier sind bewährte Methoden, die wir auch in unserer Praxis nutzen und empfehlen:
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1. Vagusnerv-Aktivierung – dein innerer Entspannungs-Schalter
Der Vagusnerv ist der wichtigste Nerv des Parasympathikus. Du kannst ihn gezielt stimulieren, um dein System zu beruhigen.
Einige einfache Methoden:
Tiefe Bauchatmung (Zwerchfellatmung)
Lege eine Hand auf deinen Bauch. Atme 4 Sekunden durch die Nase ein, halte kurz, atme 6 Sekunden langsam durch den Mund aus. Wiederhole das 5–10 Minuten täglich.
Summen oder Singen
Der Vagusnerv verläuft auch durch den Kehlkopf. Summen, Mantren oder Singen (auch leise!) aktivieren ihn über Vibrationen.
Kaltwasser-Anwendungen
Kaltes Wasser im Gesicht oder Nacken (z. B. Gesicht abspülen oder kurzes kaltes Duschen) können den Vagus stimulieren und Stressreaktionen herunterfahren.
Länger Ausatmen als Einatmen
Das verlängerte Ausatmen (z. B. 4 Sekunden ein, 6–8 Sekunden aus) aktiviert den Parasympathikus messbar.
Selbstmassage an Hals und Ohren:
Massiere sanft den Bereich unterhalb deines Kieferwinkels (wo Hals und Kiefer aufeinandertreffen), streiche mit den Fingern langsam über die seitlichen Halsmuskeln Richtung Schlüsselbein.
Auch eine kreisende, sanfte Massage um die Ohrmuschel – besonders an der Innenseite der Ohrmuschel und hinter dem Ohr – wirkt entspannend und vagusaktivierend.
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2. Bewegung als Stressventil
Regelmäßige körperliche Aktivität (z. B. Spazierengehen, leichtes Krafttraining oder Yoga) hilft, Stresshormone wie Cortisol abzubauen.
Bewegung im Freien kombiniert Entspannung, frische Luft und Sonnenlicht – ideal für dein Nervensystem.
Faszien- und Mobilisationsübungen aus der Physiotherapie können helfen, Spannungen zu lösen.
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3. Selbstfürsorge & Pausen ernst nehmen
Regelmäßige Mikro-Pausen im Alltag (5 Minuten ohne Handy, ohne Input)
Bewusste Tagesstruktur mit Entspannungsinseln
Digital Detox: Bildschirmpausen zur Erholung von Nervensystem & Augen
Gesunder Schlaf als natürliche Regenerationsphase für das Nervensystem
Fazit: Stress erkennen – Körper verstehen
Nicht jeder Stress ist schädlich. Doch wenn du das Gefühl hast, ständig „unter Strom“ zu stehen, lohnt sich ein Blick auf deinen Lebensstil – und auf deinen Körper. Als Physiotherapie-Team helfen wir dir, Stress nicht nur zu spüren, sondern auch zu regulieren – damit du dich wieder kraftvoll, beweglich und ruhig zugleich fühlst.
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